Michel de Montaigne: Tagebuch einer Reise nach Italien über die Schweiz und Deutschland von 1580 bis 1581
Gleichsam den kleinen Bruder der Essais lohnt es sich unbedigt anzuschaffen. Allein durch Zufall ist dieses Werk auf uns gekommen. Forschend über die lokale Geschichte des Perigord, findet ein Abbe Prunis 1770 auf Schloss Montaigne nahezu zweihundert Jahre nach Montaignes Tod in einer alten Truhe das Manuskript dieser Reise. Und das Buch, dass schon bald nach dem Fund auch in Deutschland erscheint, stellt in vielerlei Hinsicht ein wichtiges und zugleich kurioses Dokument dar: 1. Das Buch liefert uns ein authentisches biographisches Dokument. Es gibt Auskunft über Montaignes ungefilterte Sicht auf die beschriebenen Verhältnisse. Besonders Montaignes, des Renaissancemenschen, unbefangene Sicht auf körperlich/sinnliche Verhältnisse erscheint in einem deutlichen Licht. 2. Andererseits ist das Buch gleichsam ein Hybrid, denn es ist unterteilt in den Bericht eines sog. Sekretärs, der nicht namentlich kenntlich wird, Montaignes eigenen Worten und einem von Montaigne in italienischer Sprache verfassten Teil. 3. Das Buch präsentiert einen einzigartigen Bericht über die religiösen und ökonomischen Zustände in Schweiz, Deutschland und Italien. 4. Gerade Montaignes Verhältnis zur Religion erscheint in einem neuen Licht, denn keinesfalls haben wir in Montaigne einen Religionsfeind vor uns. Aus diesem Grund stand das Buch bei den Aufklärern in keinem hohen Ansehen, obwohl sich Diderot für das Erscheinen des Werkes aussprach. Hans Stilett hat auch hier, wie bei den Essais, ein Meisterwerk der Übersetzungskunst abgeliefert. Unbedingt empfehlenswert ist dieses Werk für einen Menschen, der an Montaigne und an Geschichte generell interessiert ist. Und der Blick auf deutsche Städte ist besonders interessant. |